
Was fasziniert uns an dem Design von hochwertigen Schuhen? Sind es die Kleinigkeiten oder ist es der Kompletteindruck? Wir haben uns mal auf eine Kleinigkeit gestürzt: die Schuhspitze. Wer wäre besserer Experte für dieses Thema als der Frankfurter Schuhdesigner und Leistenbauer Leonard Kahlcke? Ein Interview.

- Was beachten Sie, wenn Sie einen Maßschuh für einen Kunden kreieren?
In erster Linie ist es mir wichtig, dass ich meinen Ansprüchen als Designer gerecht werde. Ein Gegenstand hat immer eine Verantwortung. Auf meinem Gebiet des Leistenbaus und der Modellentwicklung ist es meine Aufgabe, alles richtig zu machen, damit das vorzügliche Handwerk des Schuhmachers nicht untergeht.
- Formalität – spielt das bei der Wahl der Schuhspitze eine Rolle?
Die Formalität beinhaltet ja wortwörtlich das, worauf es bei jedem Schuh ankommt: Formalästhetisch vollkommen und dem Anlass entsprechend … nur dann ist das Schuhdesign gut.
- Ist die Schuhspitze wirklich eine Geschmacksfrage?
Nein. Hierfür gibt es – wie in der Kunst – Instanzen, die über gut oder schlecht entscheiden.

- Wie sehr wirkt sich der Schuhspitzenwunsch auf die Gestaltung des Restschuhs aus?
Unter Umständen sehr stark. Ich kann meiner Linie nicht treu bleiben, wenn ich mich mit einem paradoxen Wunsch konfrontiert sehe. Der Wunsch nach zum Beispiel einer exzentrischen, clownesken Sschuhspitze oder einem Chisel Toe verträgt sich in meinen Augen nicht mit – sagen wir – einem Beef Roll Penny Loafer. Hier ist es dann meine Aufgabe zu beraten. Ich glaube, Restschuh ist mein neues Lieblingswort!
- Steht jede Schuhspitze jedem Herrn?
Nein. Ich habe sowohl beim Schleifen der Leisten als auch bei der Modell-Entwicklung immer meinen Klienten im Kopf. Die Schuhspitze ist dabei von besonderer Bedeutung, denn sie ist unabhängig von der Passform relevanten Physiognomie auch dem Typ nach zu gestalten.
Die Schuhspitze ist komplex, da sie drei Kriterien gerecht werden muss: Dem Stil des Schuhhauses, den potentiellen Schuhmodellen und dem Typ des Klienten so wie seinen Präferenzen, wenn diese ausgeprägt sind.

- Wie wichtig ist es einen Hausstil zu etablieren?
Für mich ist es wichtig einen Stil zu etablieren und die Maxime ist es jedem Schuh Eleganz zu verleihen. Das kann man auch bei Arbeitsschuhen erreichen.
Ein guter Hausstil entsteht dann wenn alle formal-ästhetischen Fragen Beachtung (Beantwortung) finden. Hinzu kommt eine Stilsicherheit bei dem für die Gestaltung verantwortlichen Designer.
Wir bedanken uns im Namen des Teams und stellvertretend für die Leser für das sehr informative Interview. MM
Herr Leonard Kahlcke ist mehrfach ausgezeichneter Schuhdesigner und Leistenbauer, der sein Handwerk in Wien und London gelernt hat. In seinem Ladengeschäft in Frankfurt bietet er seinen Kunden MTO-, Maßkonfektions- und Vollmaßschuhe im individuellen Design an. Atelier Leonard Kahlcke Neue Mainzer Str. 22 D 60311 Frankfurt http://www.leonardkahlcke.com lfk@leonardkahlcke.com